
03/07/2025 0 Kommentare
Warum Kirchenasyl ein wichtiger Akt der Nächstenliebe ist
Warum Kirchenasyl ein wichtiger Akt der Nächstenliebe ist
# Neuigkeiten

Warum Kirchenasyl ein wichtiger Akt der Nächstenliebe ist
Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg schlesische Oberlausitz hat heute auf Ihrer Webseite wichtige Hintergrund-Informationen zum Thema Kirchenasyl abgedruckt. Wir veröffentlichen Sie auch auf unserer Webseite.
Biblische Grundlagen
Die Bibel ist voll mit Geschichten von Menschen, die auf der Flucht sind. Jesus hat Fluchterfahrung gemacht. Sein Gebot ist es, einzutreten für die, die ohnmächtig sind, und ihnen Recht zu verschaffen. „Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen“, sagt er in Matthäus 25,35. Die Geschichte vom barmherzigen Samariter ist ein Appell, zu helfen, wo Menschen in Not sind, ganz egal, woher sie kommen.
Ausdruck des Glaubens
Das sind die biblischen Grundlagen für das Kirchenasyl. Wo in den Gemeinden Kirchenasyl gewährt wird, ist es kein politischer Akt, sondern Ausdruck des Glaubens und der Wunsch, dem Weg zu folgen, den Jesus Christus vorgegeben hat. In der heutigen Form gibt es das Kirchenasyl seit 1983, nachdem sich Cemal Kemal Altun, der aus politischen Gründen aus der Türkei geflohen war, aus Angst vor der Abschiebung in Berlin das Leben nahm.
Aktuelle Diskussion
Momentan ist das Kirchenasyl in den Medien Thema und einige Politikerinnen und Politiker fragen es an oder kritisieren es auch vehement. Auch unter Christinnen und Christen gibt es Befürworter und Kritikerinnen. Ein Argument ist dann, dass die Kirche sich über staatliche Beschlüsse hinwegsetzt.
Kein rechtlicher Sonderstatus
Die Kirchen beanspruchen jedoch keinen rechtlichen Sonderstatus oder einen rechtsfreien Raum. Das Kirchenasyl soll vielmehr die Möglichkeit schaffen, die Gründe für die Abschiebung noch einmal zu prüfen. Kirchenasyl wird dann gewährt, wenn die Gemeinde Grund zu der Annahme hat, dass die behördliche Entscheidung unzureichend ist.
Korrektiv in der Demokratie
In einer demokratischen Gesellschaft müssen Recht und Gesetz für alle gelten, auch für die Kirchen. Doch demokratische Gesellschaften brauchen auch ein Korrektiv, eine Erinnerung daran, welche Werte uns verbinden. Das Kirchenasyl bricht nicht das Recht, sondern möchte auf mögliche Fehler in der Rechtsanwendung hinweisen. Es verschafft Zeit, um den Einzelfall in Ruhe zu prüfen und vielleicht eine besser begründete Entscheidung zu treffen. Die Gemeinden, die Kirchenasyl gewähren, stehen im Dialog mit den Behörden.
Bischof Stäblein: Es geht um Menschen
Bischof Christian Stäblein, Flüchtlingsbeauftragter der EKD, ist es wichtig, dass es die Möglichkeit zum Kirchenasyl gibt. „Es ist ein Akt der Barmherzigkeit“, sagt er. „Es geht nicht darum, Politik zu machen, sondern im Kirchenasyl werden Menschen aufgenommen, Menschen mit schweren Schicksalen, mit schrecklichen Erfahrungen, mit Familien, die sie schützen möchten, die davon träumen, sicher zu leben, und die Angst haben, verloren zu gehen. Eben Menschen, so wie du und ich.“
Aktuelle Zahlen
2024 gab es in Berlin und Brandenburg 183 Kirchenasyle mit insgesamt 243 Personen, darunter 40 Kinder. Hauptherkunftsländer waren Syrien, Afghanistan, Russland und der Irak. Bei vielen der Kirchenasyle drohte den Betroffenen eine sogenannte Dublin-Überstellung. Das bedeutet, dass die Personen in ein anderes EU-Land abgeschoben werden sollen, welches laut Dublin-III-Verordnung für die Bearbeitung ihres Asylantrags zuständig ist.
Humanitäre Gründe
Auch das ist eine geäußerte Kritik - dass das Kirchenasyl die europäische Zusammenarbeit in den Asylverfahren unterlaufe, weil es die Abschiebung in ein europäisches Land verhindere, das eigentlich für den Asylantrag zuständig ist, etwa weil der Geflüchtete dort zuerst eingereist ist. Es gibt aber aus humanitären Gründen immer wieder Bedenken und daher auch in diesen Fällen Kirchenasyl: etwa wenn den Geflüchteten Obdachlosigkeit oder die Trennung von Familienangehörigen droht, wenn sie medizinische Versorgung benötigen oder bereits gut in Deutschland integriert sind.
Das Kirchenasyl wird als „ultima ratio“ verstanden – es erfolgt nur, wenn alle anderen Mittel ausgeschöpft sind und eine besondere humanitäre Notlage besteht. Das Kirchenasyl ist ein Zufluchtsort, Menschen können hier erst einmal zur Ruhe kommen. Und in Zusammenarbeit mit den Behörden kann nach einer Lösung gesucht werden, die Würde und Recht der Geflüchteten wahrt.
__________________________________________________________________
__________________________________________________________________
Informationen zur biblisch-theologischen Tradition auf der EKD-Webseite
__________________________________________________________________
Kommentare